Krieg und Frieden bei Luther
24. Nov 2017
Im
Reformationsjubiläumsjahr 2017 sind die verschiedenen Aspekte und Entwicklungen
im Leben, Denken und Handeln Luthers beleuchtet worden. Dabei ist bisher ein
wichtiger Gesichtspunkt kaum zur Sprache gekommen, nämlich: Luthers
Friedensvorstellungen und seine konkrete Einstellung zu Krieg und Frieden
angesichts der damaligen politischen Situation. Hat sich Luther für Frieden
stark gemacht? Hat er Krieg stets abgelehnt? Die Antwort auf diese Fragen ist
ziemlich vielschichtig, manchmal auch widersprüchlich. Charles Borg-Manché
bezog sich in seinem Vortrag vorrangig auf den Beitrag des Berliner Theologen
Prof. Wolf Kroetke zum Reformationstag 2012 mit dem Titel „Frieden in einer
friedlosen Welt. Ein Gespräch mit Martin Luther über Krieg und Frieden“ (im vollständigen Wortlaut hier nachzulesen).
Bis etwa 1525 vertrat Luther die Unterscheidung zwischen dem Reich Gottes, als Reich der Glaubenden und Gerechtfertigten vor Gott, und dem Reich der Welt, also der Sünder und Feinde Christi, als Reich des Satans. Nach Luther stehen die Christen nur unter dem geistlichen Regiment Gottes – die Nicht-Christen und Sünder unter dem weltlichen Regiment und seinem Gesetz. Luthers genaue Unterscheidung der zwei Reiche führte ihn zur Auffassung, dass folglich der Kurfürst nicht geistlich regieren darf und die Bischöfe keine politischen Aufgaben erfüllen dürfen. Die Bergpredigt und ihre Forderung des gewaltfreien Handelns gehören daher in das persönliche, nur sich selbst verantwortliche, „private“ Leben des Christen. Wie Luther seine Auffassungen von Krieg und Frieden geändert hat, zeigt sich am Beispiel des Kriegs gegen die Türken. Im Jahr 1518 deutet er das Vordrängen der Türken noch als Zuchtrute, mit der Gott den Abfall der Kirche von Christus bestraft, daher lehnt er zunächst einen Kreuzzug gegen die Türken ab. In seiner Schrift von 1526 versichert er jedoch dem kursächsischen Feldobersten, dass die Abwehr der Türkengefahr ein gutes Werk der Obrigkeit sei, an dem sich auch ein Christ beteiligen könne. Er deutet nun das Wüten der Türken als Auftreten der Antichristen vor Einbruch des Weltendes. Prof. Krötke kommt in seinem Vortrag zu folgendem Schluss: Nur wenig von dem, womit Luther in Sachen Krieg und Frieden gerungen hat, ist 1:1 in unsere Zeit zu übersetzen. Der mittelalterliche Grundsatz, dass Gewalt mit Gewalt zu beantworten sei, ist aber auch heute nach wie vor lebendig. Aber dann schlägt dieser Reformator der Kirche in sein eigenes und auch in unser Zeit nicht verstimmendes Rufen nach mehr Gewalt angesichts von Gewalt doch eine Bresche für Perspektiven des Friedens, die folgendermaßen in aller Kürze zu beschreiben sind:
- Wahrheiten des Glaubens, der
Religion, des Ethos dürfen niemals mit Gewalt oder mit Unterstützung von Gewalt
verbreitet werden.
- Ein Staat ist nicht
berechtigt, einen Krieg zu führen, bei dem die Bekämpfung von Unrecht mehr
Leiden und Elend schafft, als das Unrecht selbst.
- Die Anerkennung der Rechte
der Geschöpfe Gottes auf Leben, Unversehrtheit, Freiheit, Ehre, Bildung und
Besitz räumt gewaltfreien Wegen zur Lösung von Konflikten immer die erste
Stelle ein.
- Die Kirche hat zu verkündigen
und im Leben ihrer Glieder darzustellen, dass Gott keinen Krieg will.
Frieden in einer friedlosen Welt. Ein Gespräch mit Martin Luther über Krieg und Frieden. Vortrag von Prof. Wolf Krötke zum Reformationstag am 31.10.2012
Der vollständige Vortrag von Charles Borg-Manchè hier zum download.
Martin Luther und der Friede, Pastor Renke Brahms, EKD Friedensbeauftragter (download)
Gottesdienstablauf und Texte im Downloadbereich